Darcy Ribeiro
Mulo

Roman
Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Cornelia Holfelder von der Tann
1990. 494 Seiten. Gebunden
Umschlaggestaltung von
Nina Rothfos

ISBN 9783250101420

»Ich hätte gewollt, dass der Leser Philogônio am Ende des Romans verabscheut, doch er erschüttert das Herz und erregt nur Mitleid. Das kommt daher, dass, was aus der Tiefe der Lebenserfahrung kommt, niemals den Regeln der Schwarz-Weiß-Malerei folgt.« Darcy Ribeiro

Oberst Philogônio de Castro Maya, Mulo (der Maulesel) genannt, Viehzüchter, Totschläger und Emporkömmling, ist müde, alt und gebrechlich geworden. Seine Lunge kränkelt, er ringt nach Atem. Nachkommen hat er keine. Den Tod vor Augen, voller Angst, allein und einsam hält er auf Laranjos, dem liebsten seiner Landgüter, Rückschau und legt seine Lebensbeichte zu Händen eines Priesters schriftlich nieder: Die Kirche soll seinen angehäuften Besitz – Länderein, Menschen, Tiere, Häuser – erben.

Darcy Ribeiro hütet sich, kommentierend oder moralisierend in Philogônios Erzählung einzugreifen. Umso größer ist die Wirkung auf den Leser: Er wird unvermittelt Zeuge einer Welt und einer Mentalität, die das Leben in weiten Teilen Lateinamerikas noch immer bestimmt. Einer Welt, wo sich der Stärkere rücksichtslos durchsetzt, einer Herren-Mentalität, die das Faustrecht unter Berufung auf die Erfüllung des göttlichen Willens zynisch rechtfertigt. Und doch – dies macht die große literarische Leistung Ribeiros aus – schwankt der Leser in seinem Urteil: Mulo ist ein Mensch aus Fleisch und Blut in seiner ganzen schrecklichen und erbarmungswürdigen Widersprüchlichkeit.




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